Tragisch tragisch: Ein gesamteuropäisches Phänomen

Wie es scheint, gehen die Betrugstragödien weiter, da eine immer wiederkehrende Gruppe von Betrügern nicht zur Ruhe kommt. Was wie ein gewöhnlicher Internet-Betrug aussah, entpuppte sich dieses Mal als ein Skandal weit größeren Ausmaßes. Die Times of Israel berichtet, dass ein israelischer Mann, der eine Plattform für den Handel mit binären Optionen gegründet hat, von den österreichischen Behörden als einer der Drahtzieher eines massiven “europaweiten” Betrugsprogramms bezeichnet wurde

Das österreichische Innenministerium, das für die Polizei und die öffentliche Sicherheit zuständig ist, hat den israelischen Staatsbürger Ilan Tzorya, den Gründer der Plattform für binäre Optionen Tradologic, als einen der Drahtzieher eines Betrugsprojekts genannt, bei dem über 200 Millionen Euro erbeutet worden sein sollen.

Tradologic ist ein Fintech-Software-Anbieter, der laut seinem LinkedIn-Profil innovative Lösungen und einen umfassenden Geschäftsansatz anbieten möchte.

Das Unternehmen wurde 2009 von Tzorya gegründet, einem damals 29-jährigen Geheimdienstoffizier der Golani-Brigaden, wie aus einer eidesstattlichen Erklärung hervorgeht, die er 2014 vor einem israelischen Gericht abgab.

Zu den Marken, die seit der Gründung auf der Tradologic-Plattform laufen, gehören Optionbit, CedarFinance, Zoomtrader, OptionStars, Option888, Xmarkets, Blue Bit Banc und Binex, die den Geschäftsleuten Gal Barak, Uwe Lenhoff und anderen gehören.

Nach Angaben der österreichischen Polizei hat Ilan Tzorya ein umfangreiches digitales Ökosystem geschaffen. Dieses System umfasste alle Komponenten, angefangen von Websites und Handelssoftware über Callcenter bis hin zu Zahlungsdienstleistern und einem Geldwäschenetz. Seit Beginn der Vermarktung nutzen insgesamt über 240 Marken die Software von Tradologic.

Eine dieser Marken war Blue Bit Banc, deren Eigentümer Blake Kantor im Juli 2019 von einem US-Bundesgericht zu 86 Monaten Haft verurteilt wurde, weil er zwischen 2014 und 2017 Anleger betrogen hatte. Eine US Grand Jury behauptete in ihrer Anklageschrift gegen Kantor vom April 2018, dass die von seiner Marke verwendete Computersoftware es Blue Bit Banc ermöglichte, Daten im Zusammenhang mit den binären Optionen der Anleger so zu manipulieren, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Anleger einen Gewinn erzielen, zugunsten von Blue Bit Banc ausfiel

Die in dieser speziellen Angelegenheit angewandte Technik ist dieselbe, die auch bei vielen der nachfolgenden Fälle zum Einsatz kam. Tzorya überträgt diese Fähigkeit an “besondere” Schirmherren, da er seine Investitionen als Eigenkapitalpartner dieser Unternehmen mitverwaltet.

In einem Artikel der Zentralen Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen und Korruption der Republik Österreich zu seiner Anklage heißt es: “llan TZORYA vom 25. Juli 2012 bis 28. Januar 2019 als (weiterer) Geschäftsführer der Tradologic Group, als Alleineigentümer und faktischer Geschäftsführer der Super Dev EOOD, als zeitweiliger (Mit-)Betreiber der “Brands” “OptionStars”/”OptionStarsGlobal” und “Safemarkets” und bis September 2018 als (Mit-)Eigentümer der über die E&G Gruppe über Call Center in Sofia, Belgrad, Sarajevo und anderen Standorten betriebenen “Brands.”

Tzorya unterschied sich nicht von den tradologischen Gönnern, da er selbst auch einer war. Mit Hilfe der Tradologic-Software war er in der Lage, Investoren in ganz Europa mit Unternehmen zu betrügen, an denen er zu 50% beteiligt war, einige sogar vollständig.

Tradologic “Verbrechen als Dienstleistung”

Im Januar 2019, so heißt es in dem Artikel des Innenministeriums, führte die österreichische Polizei eine Razzia in den bulgarischen Büros von Tradologic in Sofia durch und beschlagnahmte große Mengen an digitalem Material. Anhand dieses Materials konnten die Staatsanwälte nachweisen, dass die Opfer betrogen worden waren, dass die Software die Geschäfte der Anleger manipulieren konnte und dass sie einen Einblick in das Ausmaß des Betrugs erhielten, so ein österreichischer Ermittler. Er wies darauf hin, dass Tradologic insgesamt mehr als 710 Millionen Dollar an Opfergeldern bearbeitet hat, ein Betrag, der über den 200 Millionen Euro Betrugsvorwürfen in dieser speziellen Untersuchung liegt.

“Die [Tradologic]-Software war so programmiert, dass die Betrüger jederzeit in der Lage waren, den Handel zu manipulieren. So wurden beispielsweise die Kurse zu einem bestimmten Zeitpunkt kurzfristig geändert, um einen Grenzwert zu überschreiten, wodurch der Handel automatisch geschlossen und das gewünschte Ergebnis erzielt wurde. Diese Möglichkeiten bestanden auch bei der Zuweisung von Risikostufen. Je höher die Risikostufe des Opfers eingestellt war, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass die Geschäfte des Opfers durch automatische Manipulationen Verluste einbrachten”, so der österreichische Ermittler.

Der Ermittler behauptete, dass Tradologic nicht nur Software, sondern eine ganze Reihe von Dienstleistungen für potenzielle Betrüger bereitstellte, die eine betrügerische Website und ein Callcenter einrichten wollten.

“Neben der Software bot Tradologic auch andere Dienstleistungen an, wie Briefkastenfirmen mit Strohmännern, Bankkonten oder Zahlungsdienstleister”, sagte er.

In seiner Vernehmung hatte der kürzlich verurteilte Betrüger Gal Barak behauptet, dass Tradologic ein ganzes “Ökosystem” von Betrügern darstelle, deren Geschäftsmodell “Verbrechen als Dienstleistung” sei

Die 200-Millionen-Euro-Methode

Die 200 Millionen Euro wurden durch die Arbeit mehrerer Mäzene der Software zusammengetragen.

OptionStars/OptionStarsGlobal, XtraderFX (ehemals “Cryptopoint”), GoldenMarkets und SafeMarkets, die Marken von Gal Barak, sammelten rund 100 Millionen Euro ein, was die Hälfte der Pauschalsumme ausmacht.

Für die andere Hälfte war ein Mann namens Uwe Lenhoff mit seinen Marken Option888, Xmarkets und ZoomTrader verantwortlich. Sie alle hatten Investoren und andere Kunden in ganz Europa im Visier.

Laut dem von der Zentralen Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen und Korruption der Republik Österreich veröffentlichten Artikel war Ilan Tzorya zu 50 % und bei einigen sogar zu 100 % an den Marken der beiden Mäzene beteiligt.

Barak und Lenhoff betrieben Websites, die Anleger mit Versprechungen von schnellen Gewinnen und mit der Behauptung lockten, dass deutsche und österreichische Prominente mit dem Online-Handel Geld verdient hätten. Die Anleger zahlten zunächst ein paar hundert Euro ein, wurden dann aber von geschulten Callcenter-Mitarbeitern unter falscher Identität dazu gebracht, mehr und mehr von ihrem Geld zu “investieren”.

“Nachdem der Kunde das Geld überwiesen hat, simulieren ‘Broker’ den vermeintlichen Handel mit Finanzinstrumenten”, heißt es in einer Pressemitteilung zum Artikel des österreichischen Innenministeriums.

“Während die Kunden davon ausgehen, dass sie nun mit den beworbenen Finanzinstrumenten handeln, findet kein tatsächlicher Handel auf dem Markt statt. Tatsächlich können die dargestellten [Finanz-]Diagramme mit Hilfe einer speziell entwickelten Software aktualisiert werden, die von den Tätern willkürlich manipuliert werden kann”, heißt es in der Presseerklärung. Die Anleger haben nie Geld mit dem Handel auf diesen Websites verdient. “Das Geld fließt in das Geldwäschenetz und das Opfer hat keine Chance auf eine Auszahlung”, so ein Ermittler für Wirtschaftskriminalität des Landeskriminalamtes Niederösterreich.

EFRI, eine Initiative mit doppeltem Boden unter den Füßen

The innDie unschuldig benannte “European Fund Recovery Initiative” wurde als gemeinnützige Organisation vorgestellt, die Opfern von Online-Betrügereien helfen soll, ihre verlorenen Gelder zurückzuerhalten, indem sie ihre Kräfte bündelt, Informationen austauscht und Sammelklagen gegen die Betrüger einreicht, die sie hereingelegt haben.

Das EFRI, das von den Betrugskünstlern Werner Boehm und Elfriede Sixt geleitet wird, ist in der Tat ein Betrug der besonderen Art. Sobald sich die Opfer an EFRI wandten, drängte EFRI sie dazu, eine beträchtliche Gebühr für die rechtliche Vertretung zu zahlen. Das Honorar, so wurde ihnen versichert, würde den Opfern in voller Höhe zurückerstattet werden, sobald der Fall verhandelt und der Rechtsstreit gewonnen sei.

Aber wie finden sie ihre “Kunden” – oder besser gesagt – ihre Opfer?

Laut dem Artikel der Zentralen Staatsanwaltschaft war Tzorya eine Partnerschaft eingegangen mit

EFRI-Eigentümern, Bohm und Sixt, wo ihre Dynamik ihnen den Zugang zu Informationen von Tradologic, um ihre nächsten Opfer zu finden.

Durch diese Partnerschaft verfügt das EFRI nun über eine Liste mit Informationen über diese potenziellen Kunden, die zuvor Opfer von Betrügern der Tradologic-Marken geworden waren. Für Tzorya bedeutet dies eine weitere Einnahmequelle.

Die “European Funds Recovery Initiative” verspricht schon im Namen wunderbare Dinge für ihre angeschlagenen Aussichten. Aber EFRI, der Fonds, der Betrugsopfern helfen sollte, hat nie wirklich existiert. Die Kunden bekamen nie das, wofür sie bezahlt hatten, sondern nur gestohlene Vermögenswerte in doppelter Hinsicht.

Das EFRI war nicht mehr als ein leerer Name. Eine von den Gesellschaftern Elfriede Sixt, Werner Böhm und Ilan Tzorya betriebene Scheinorganisation, die Informationen aus dem Bereich der Betrüger sammelt und unschuldige Menschen um ihr Geld bringt. Die Geschichte der EFRI ist leider noch lange nicht zu Ende. Die EFRI ist wieder da und wird nun benutzt, um persönliche Rechnungen mit ehemaligen Kollegen als Zielpersonen zu begleichen.

Quelle

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